YouTube Kids – eine sichere Video-App für Kinder?
Im September 2017 hat Google ein neues Angebot für Kinder online gestellt: "YouTube Kids" heißt es und ist nach eigenen Angaben "die Plattform für kleine Weltentdecker". Eltern, die sich bisher (zu Recht) Sorgen machten, was ihre Kinder bei YouTube alles zufällig entdecken könnten, bietet diese App eine verhältnismäßig große Sicherheit bei den angebotenen Inhalten.
Weltweit haben 45 Millionen Nutzer die App bereits heruntergeladen. Bevor die Kinder am Zuge sind, müssen die Erwachsenen tätig werden. Sie wählen aus, für welche Altersgruppe Inhalte angezeigt werden sollen: für Vorschulkinder oder für Schulkinder. Die Funktion, mit der Kinder selbst nach Inhalten suchen können, lässt sich abschalten. Damit kann man ein genau festgelegtes Angebot schaffen. Über einen Timer ist auch die Nutzungsdauer festlegbar, ist die Zeit abgelaufen, werden keine Videos mehr angezeigt.
Nach der Einrichtung sind die Kinder am Zug
Ohne Anmeldung kann sofort gestartet werden. Videos gibt es auf vier Kanälen: "Serien", "Musik", "Lernen" und "Erkunden". Wer möchte, kann sich die Titel vorlesen lassen.
Unter den Serien sind Klassiker wie "Heidi", das "Sandmännchen", "Janoschs Traumstunde" und "Die Biene Maja". Auch "Der kleine Drache Kokusnuss", "Peppa Wutz" und "Bibi und Tina" sind mit dabei. An letzterem Beispiel lässt sich der Unterschied zum herkömmlichen YouTube-Angebot erklären: Dort gelangt man bei jeder Folge der Serie mit einem Klick zu "Bibis Beauty Palace", wo Kosmetikprodukte beworben und Schminktipps gegeben werden. Bei YouTube Kids gibt es solche Weiterleitungen nicht. Auch Liken, Teilen und Hochladen eigener Inhalte sind nicht möglich.
Die Auswahl der Videos erfolgt überwiegend durch Algorithmen. Das bedeutet, dass YouTube Kids Inhalte aus dem "Original"-YouTube ausspielt – und zwar all das, was von den jeweiligen Anbietern beim Hochladen als für Kinder geeignet gekennzeichnet wurde. Filtersysteme sollen diese Einordnung der von Usern eingestellten Videos überprüfen. Und auch Menschen sind im Einsatz, damit nichts Unangebrachtes zu sehen ist. Eltern, die unpassende Inhalte bemerken, können diese direkt aus der App heraus mit wenigen Klicks melden. Rund um die Uhr werden solche Inhalte in kürzester Zeit gelöscht, das verspricht zumindest der Anbieter.
Kostenlos für iOS- oder Android-Geräte
Der Betreiber der Plattform, Google, finanziert die App über Werbeeinnahmen. Einer geringen Zahl von Videos soll Werbung vorgeschaltet werden, wie man es auch von YouTube kennt. Die Kinder werden darauf hingewiesen, dass es sich darum handelt, verspricht man. Bei solchen bezahlten Anzeigen dürfen keine Weiterleitungen geschaltet werden. Die Kinder können also aus dem Angebot heraus keine anderen Websites öffnen oder gar etwas kaufen. Außerdem gelten strenge Regeln: Es wird nicht für Getränke und Nahrungsmittel geworben, nicht für Beauty- und Fitnessprodukte, nicht für Inhalte mit Altersbeschränkung und auch nicht für politische oder religiöse Interessen.
Allerdings gibt es dann noch die vielen Videos, die private Nutzer auf YouTube als für Kinder geeigneten Content hochgeladen haben. In diesen kann Werbung enthalten sein, ohne dass dies gekennzeichnet ist, leider auch für Produkte, die bei den bezahlten Anzeigen nicht geduldet sind. Da kann man durchaus auf einen an sich langweiligen Kurzfilm stoßen, in dem Onkel und Neffe um die Wette Süßigkeiten futtern.
Wenn die von Usern generierten Videos wegfielen, wäre das Angebot nur eine große Mediathek. Mit diesen Beiträgen ist es ein Gemischtwarenladen, der vieles beinhalten kann. Im Elternleitfaden erklärt YouTube Kids, dass eine Suche nach "Zügen" auch einen TV-Werbespot für Spielzeugeisenbahnen ergeben kann. Hier wird die Vielfalt an Videos, die YouTube für Erwachsene so attraktiv macht, quasi zu einem Bumerang.
Einschätzung des neuen YouTube-Angebots
YouTube Kids ist gegenüber YouTube ein deutlich besseres Angebot für Kinder. Die App ist problemlos und einfach zu nutzen. Die Gefahr, mit einem harmlosen Suchbegriff zufällig auf gewalttätige oder Angst machende Videos zu stoßen, ist jetzt sehr viel geringer. Jedoch ganz gebannt ist sie nicht – das stellten Tester verschiedener Jugendschutzstellen fest.
Obwohl der von Usern hochgeladene Content dank Filtersystemen und Bearbeitung durch eine Redaktion von unangemessenen Inhalten weitgehend frei sein sollte, gibt es unangenehme Überraschungen: Videos mit Protagonisten in aufreizendem Outfit oder mit rüder Sprache, Schminktutorials von Kindern, Puppen, die sich Gewalt antun. Die Dauereinblendung des YouTube-Logos macht klar, was sich Kinder merken sollen. Ein weiterer Kritikpunkt ist die bezahlte (und gekennzeichnete) und die unbezahlte (nicht gekennzeichnete) Werbung in den Videos. Erstere kann man akzeptieren, letztere ist mehr als ärgerlich.
Klarmachen muss man sich auch, dass Kinder weder bei YouTube noch bei YouTube Kids lernen können, seriöse von unseriösen Quellen zu unterscheiden oder Werbebotschaften zu hinterfragen. Öffentlich-rechtliche Fernsehangebote tauchen neben Werbefilmen und Tutorials von Usern auf – ein Mix, in dem für Kinder alles gleich wichtig und richtig erscheint.
So bleibt für Eltern weiterhin viel zu tun. Denn auch diese App ist nicht geeignet, Kinder mit dem Angebot alleine zu lassen. YouTube Kids will es Eltern leichter machen, kann sie aber keineswegs aus ihrer Verantwortung entlassen.