Mini-Influencer: Kinder als YouTube-Stars
Miley ist gerade einmal zehn Jahre alt und bereits ein Star. Auf YouTube hat das Mädchen über 800.000 Abonnenten. Dort zeigt sie ihre liebsten Spielsachen, wird bei sogenannten Challenges gefilmt oder zeigt, was sie den Tag über so macht. Dazu gehört auch morgendliche Routine mit Aufstehen, Zähneputzen und ähnliches. Ihre Familie gibt dabei oft sehr private Einblicke. Ausführende Produzenten sind die Eltern, die mittlerweile von den Werbeeinahmen des Kanals leben können. Die ganze Familie macht mit und ist Teil eines der erfolgreichsten YouTube-Kanäle in Deutschland. Kinder-Influencer wie Miley sind keine Seltenheit auf YouTube.
Kinderalltag als Geschäftsmodell
Auch wenn die Eltern darauf achten, dass die Bestimmungen zu Arbeitszeiten von Kindern eingehalten werden und die Mädchen und Jungen freiwillig mitmachen: Kinderalltag zu kommerziellen Zwecken zu instrumentalisieren ist ein fragwürdiges Geschäftsmodell. Kinder haben Rechte, unter anderem ein Recht auf Privatsphäre, auf altersgerechten Medienzugang und auf Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung. Ein Kind kann die Folgen der Veröffentlichung von Videos über sich selbst und den eigenen Alltag nicht abschätzen. Der Eingriff in die Privatsphäre sowie Einschränkungen des Rechts auf Freizeit und Erholung werden billigend in Kauf genommen. Auch die Verantwortung für die Existenz der Familie zu tragen, sollte Kindern nicht zugemutet werden. Sie müssen funktionieren, damit die finanzielle Grundlage für das Familienleben gesichert ist.
Inszeniertes Familienglück und fragwürdige Botschaften
Den ganzen Tag mit den Eltern spielen, tolle Freizeitparks besuchen und ständig neue Geschenke auspacken: Kein Wunder, dass Kinder vor dem Bildschirm von dieser Familienidylle fasziniert sind. Welches Kind wünscht sich nicht, dass alle gemeinsam etwas unternehmen und Spaß haben. Das Problem dabei: Der angeblich so normale Alltag ist eine Inszenierung, um Geld zu verdienen. Das neue Spielzeug der Eintritt in den Freizeitpark: Das alles stellen Firmen den Familien zu Werbezwecken zur Verfügung. Die Familien zeigen, wieviel Spaß man damit hat und wie glücklich alles sind. Den Kindern wird vermittelt, dass das richtige Produkt der Schlüssel zum Glück ist und dass das Leben hauptsächlich aus Kommerz und Konsum besteht. Außerdem wird gezeigt, dass es völlig normal ist, das eigene Privatleben vor einem Millionenpublikum öffentlich zu machen. Dass hinter der Fassade eine sorgfältige Inszenierung steckt, ist den jungen Fans kaum bewusst.
Verantwortung der Eltern
Was tun, wenn die eigenen Kinder Fans von Miley & Co. sind, oder sogar selbst YouTube-Stars werden wollen? Wichtig ist, die Mädchen und Jungen zum Nachdenken anzuregen und über die Schattenseiten aufzuklären: Darüber, was es bedeutet, sein Privatleben zur Schau zu stellen. Dass manche Erwachsene mit bösen Absichten zuschauen. Welche Konsequenzen das für das spätere Leben als Teenager oder Erwachsener haben kann. "Das Internet vergisst nie", heißt es. In diesem Sinne wird Mileys Kindheit und das der anderen Kinder-Influencer für immer öffentlich sein.
Wenn Kinder Lust haben, eigene Videos zu drehen und vor der Kamera im Rampenlicht zu stehen, spricht im Prinzip nichts dagegen. Eltern sollten allerdings darauf achten, dass die Videos nicht öffentlich einsehbar sind. Eine Alternative zu YouTube ist die Seite kindersache.de des Deutschen Kinderhilfswerks. Dort wird nicht nur über Kinderrechte informiert, es gibt auch eine Videoplattform, auf der Kinder eigene Inhalte hochladen können. Ein Videoabend mit Freunden ist eine weitere Möglichkeit, die selbst gedrehten Clips in geschützter Atmosphäre zu zeigen.
YouTube als Kinderkanal?
YouTube ist kein Angebot für Kinder. Vom harmlosen Katzen- oder Musikvideo zum Horror-Trailer sind es nur wenige Klicks. Das Hauptproblem ist, dass Kinder ungewollt mit Ungeeignetem und sogar Verstörendem konfrontiert werden können. Dennoch gibt es zahlreiche Inhalte, die sich an Kinder richten. Mittlerweile hat YouTube für solche Videos neue Regelungen eingeführt. So ist hier die Kommentarfunktion deaktiviert. Das verhindert zumindest, dass etwa bei den Kinder-Influencern fragwürdige Kommentare, Hass oder Kontaktversuche durch Pädophile unter den Videos auftauchen.
Kleine Influencer – Groß im Geschäft
Mileys Welt
- 865.000 Abonnenten
- Alter: 10 Jahre
- Inhalte: Alltag, Challenges, Unboxing-Videos/Spielzeugtest
- Was noch interessant ist: Die Familie betreibt verschiedene Kanäle. Beide Eltern haben den Beruf aufgegeben und leben von ihren Aktivitäten auf YouTube.
Alles Ava
- 672.000 Abonnenten
- Alter: 8 Jahre
- Inhalte: Alltag, Challenges, Unboxing-Videos/Spielzeugtest
- Was noch interessant ist: Wie viele Kinderinfluencer ist Ava auch auf anderen Plattformen wie Instagram oder TikTok präsent.
Ryan’s World
- 23,8 Millionen Abonnenten
- Alter: 8 Jahre
- Inhalte: Alltag, Animationsfilme, Unboxing-Videos/Spielzeugtest, Erklärfilme
- Was noch interessant ist: 2019 war Ryan mit 26 Millionen Dollar Einnahmen der bestverdienende YouTuber weltweit.
Über FLIMMO
FLIMMO ist ein Programmratgeber für Eltern. Es gibt ihn kostenlos und werbefrei als Broschüre, im Internet und als App. FLIMMO bespricht das Kinderprogramm sowohl im Fernsehen als auch im Netz und gibt Tipps zur Medienerziehung. Neben dem Kinderprogramm werden auch solche Sendungen berücksichtigt, die sich eigentlich an Erwachsene richten und mit denen Kinder aber trotzdem in Berührung kommen. Bewertet wird, wie Kinder in unterschiedlichem Alter mit bestimmten Medieninhalten umgehen und diese verarbeiten. FLIMMO betrachtet das Programm stets aus der Kinderperspektive.
Die aktuelle FLIMMO-Ausgabe kann von Institutionen wie Schulen, Kindergärten, Arztpraxen, Apotheken oder Bibliotheken in vielen Bundesländern kostenlos bestellt werden. Öffentliche Bezugsstellen finden Interessierte im Internet unter:
FLIMMO ist ein Projekt des Vereins Programmberatung für Eltern e.V. Mitglieder sind elf Landesmedienanstalten, die Stiftung Medienpädagogik Bayern und das Internationale Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI). Mit der Durchführung ist das JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis beauftragt.