Apps für kleine Kinder. Ist das okay?
Diese Frage beschäftigt viele Eltern und auch die Experten beim Internet-ABC e.V.: Sollen schon sehr junge Kinder das Smartphone und Tablet-PC als Spielzeug nutzen? Oder ist das noch zu früh? Die Meinungen darüber gehen weit auseinander. Das Internet-ABC hat hier Hintergrundinfos zum Thema zusammengestellt.
Beim Brabbeln daddeln
Lesen können sie noch nicht und auch das Essen mit Besteck ist noch eine Herausforderung. Doch am Smartphone sind sie schon kleine Profis. Immer häufiger sehen wir junge Kinder, die mit dem Handy oder Tablet spielen. Viele Eltern sind dankbar für einen Moment Ruhe (in den USA spricht man in diesem Zusammenhang von "Shut-Up-Toys").
Besonders beliebt sind speziell für Vorschüler entwickelte Spiele-Apps. Die Bedienung ist tatsächlich „kinderleicht“. Auch die öffentlichrechtlichen Fernsehsender haben inzwischen entsprechende Angebote im Programm. Die "Sandmännchen-App" (rbb) und auch die neue App der vielfach preisgekrönten "Sendung mit dem Elefanten" (WDR) sind kostenlos und komplett werbefrei.
Aber ist es eigentlich grundsätzlich in Ordnung, Kinder schon so früh mit den digitalen Medien in Berührung kommen zu lassen? Rund 50 % der Eltern sagen zum Beispiel grundsätzlich: "Tablet-PCs sind nichts für Kinder" (vgl. miniKIM-Studie 2014). Andere sehen den Umgang ihrer Kinder mit Handy und Tablet-PC lockerer.
Meine Meinung
Sollen kleine Kinder schon mit dem Handy und Tablet-PC spielen dürfen? Bei dieser Frage gehen die Meinungen weit auseinander. Was ist Ihre Meinung? Wir haben nachgefragt.
PRO
Katya Schmidt, 42
Maskenbildnerin
Mutter von Mads (3 Jahre)
Ich habe grundsätzlich nichts dagegen, dass unser Sohn auch Spiele auf dem Handy spielt. Vorausgesetzt natürlich, die Spiele-Apps sind für ihn geeignet und wir begrenzen das zeitlich. Genauso gern schaut er sich auch Bilderbücher an oder spielt mit Autos und Legosteinen. Das Handy ist auch bei uns in der Familie ein Gebrauchsgegenstand und oft im Einsatz: natürlich auch für Fotos von unserem Sohn.
CONTRA
Mareike Erlenkötter-Fiekers, 35
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Mutter von Emil (2 Jahre)
Ich finde, die Kinder heutzutage kommen früh genug mit allerlei Medien in Kontakt. Da kann ich den zweijährigen Sohn ruhig noch etwas von abhalten. Bisher hatte ich auch noch nicht das Gefühl, dass mein Sohn eine App - also eine Art Unterhaltung auf dem Tablet oder Smartphone - benötigt. Für ihn sind noch die ganz alltäglichen Dinge spannend. Das möchte ich gern noch länger erhalten.
Natürlich ist das Smartphone auch bei uns ein ständiger Begleiter. Auch wenn wir versuchen, es so oft wie möglich bewusst wegzulegen oder es einfach zu Hause zu lassen. Meinem Sohn möchte ich mein Handy auch deshalb nicht allein in die Hand geben, weil da viele sensible Daten drauf sind. Zum Beispiel eine App zum Banking.
Zahlen und Fakten
Rund jedes dritte Vorschulkind nutzt Apps (35 % zusammen mit den Eltern, 27 % ohne Eltern). Das hat eine Studie des Deutschen Jugendinstituts ergeben. Zweijährige sind meist bereits in der Lage, mit dem Tablet-PC eigenständig umzugehen. Sie verstehen es, Apps zu öffnen und die für ihre Altersklasse konzipierten Apps meistens gut und eigenständig zu bedienen. Das ist das Ergebnis einer Studie von Prof. Stefan Aufenanger.
Eltern fürchten vor allem den (unkontrollierten) Internetzugang ihrer Kinder. Aus diesem Grund verbieten viele Eltern ihrem Nachwuchs (3 bis 8 Jahre) die Nutzung von Smartphone, Laptop und Computer. Zudem fürchten die Eltern mögliche Schäden an ihren oft privat und beruflich genutzten Geräten, zum Beispiel durch das Herunterladen von Schadsoftware durch die Kinder. (DiVSI U9-Studie)
Verbieten? Begleiten? Einfach machen lassen?
Wie sollen Eltern mit der Begeisterung ihrer jungen Kinder für Smartphones und Tablet-PCs umgehen? Fragen an die Internet-ABC-Vorsitzende Mechthild Appelhoff.
Im Park, auf der Straße, in der Bahn: Alle hängen laufend am Handy. Sollten nicht zumindest sehr junge Kinder davon verschont bleiben?
Mechthild Appelhoff: Wie sehr schon kleine Kinder mit den digitalen Medien in Berührung kommen, liegt vor allem im Ermessen der Eltern. Es gibt keine allgemeingültige Antwort auf die Frage, bis zu welchem Alter das Smartphone für Kinder tabu sein sollte.
Aktuelle Studien belegen allerdings, dass Kinder immer früher und immer öfter mobil online sind. Auch Dreijährige sind im Netz aktiv. Das ist ein Fakt. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass sich die Zugangswege und Aufenthaltsorte im Netz verändert haben: Junge Kinder beschäftigen sich heute eher mit Apps als mit Webseiten.
Häufig dient das Handy auch als Babysitter-Ersatz oder als Mittel gegen die Langeweile, zum Beispiel im Restaurant oder bei langen Autofahrten.
Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, um dem Kind das Handy zum Spielen zu überlassen?
Ganz generell: Einfach ungeprüft "überlassen" sollte man das Smartphone oder den Tablet-PC auf keinen Fall. Wissen, was das Kind spielt und dabei sein: Dieser Grundsatz muss insbesondere bei den Jüngsten immer gelten.
Auch als Babysitter-Ersatz eignet sich das Smartphone nur bedingt. Wer Kindern, sobald sie unruhig werden, gleich das Handy mit der Spiele-App in die Hand drückt, etabliert die digitalen Medien für sie als vermeintliche Langeweile-Killer. Doch das ist ein Trugschluss. Kinder müssen lernen, auch ohne
Ablenkung mit ihrer Langeweile umzugehen. Eltern müssen wissen, was das Kind spielt und dabei
sein.
Wie stelle ich fest, ob eine App für mein Kind geeignet ist?
Ganz einfach: Testen Sie sie. Zunächst selbst, dann, wenn Sie ein gutes Gefühl haben, zusammen mit Ihrem Kind. Sie werden schnell erkennen, ob Ihr Kind mit Spaß und Interesse bei der Sache ist oder nicht.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist, das hat auch das Deutsche Jugendinstitut in einer aktuellen Studie zum Thema noch einmal unterstrichen: Begriffe wie "wischen" oder "ziehen" werden von Zweijährigen mitunter einfach noch nicht verstanden. Dass ein Kind die App im Smartphone bedienen kann, heißt noch nicht, dass es die Inhalte auch versteht. Was es zum Beispiel mit Werbung in Apps auf sich hat, lässt sich einem Kleinkind kaum vermitteln.
Wie lange sollten jüngere Kinder mit dem Tablet oder Smartphone maximal spielen dürfen?
Auch hier gibt es keine pauschalen Regeln. Das hängt sehr von der Reife des Kindes ab. Jedes Kind ist anders, jede App ist anders und wirkt anders. Hinzu kommt, dass beim Spielen oft jedes Zeitgefühl verloren geht und junge Kinder meist noch nicht selber die Uhr lesen können. Da Kinder inzwischen nicht mehr am festen PC, sondern meist mobil online sind, fällt es ihnen auch leichter, sich beim Spielen dem Blick der Eltern zu entziehen. Wie beim Fernsehen sollten Eltern auch hier mit ihren Kindern feste Zeiten vereinbaren.
Können Apps meinem Kind auch schaden?
Natürlich sollten jüngere Kinder nur Apps nutzen, die für ihre Bedürfnisse und Fähigkeiten abgestimmt sind. Generell ist es möglich, dass die übermäßige Beschäftigung mit Apps Kindern Probleme bereiten kann. Beispielsweise können sie sich so sehr an Rückmeldungen gewöhnen, dass sie sich im freien Spiel eher langweilen. Andererseits gibt es auch viele positive Beispiele und sehr gute Lern- und Spiele-Apps auch schon für Vorschüler. Gerade Apps bieten Möglichkeiten auch schon für kleine Kinder, spielerisch zu erfahren, dass man mit Medien was machen, bauen, tüfteln und gestalten kann. Es bleibt
dabei: Eltern müssen mit Blick auf den Entwicklungsstand ihrer Kinder selbst einschätzen, welche App-Nutzung für sie gut ist.
Checkliste: Darauf sollten Eltern achten
- Die Altersempfehlung der App beachten!
- Bei jungen Kindern dabei bleiben!
- In den Einstellungen der App ggf. InApp-Käufe deaktivieren!
- Passwortsperre für Käufe einrichten, um versehentliche Ausgaben zu vermeiden!
- Vorab zeitliche Begrenzungen mit dem Kind aufstellen und deren Einhaltung beachten!
- Auf medienfreie Zeiten hinweisen (z.B. beim Essen) und diese einhalten (auch als Eltern)!
- Andere Spiele fördern (Brettspiele etc.)!
- Den Kinderbrowser über www.kinderserver-info.de installieren, um von vornherein unangemessene Inhalte zu vermeiden.
- Und nicht vergessen: Eltern sind Vorbilder!
Gute Apps für kleine Kinder
App-Empfehlungen vom Internet-ABC
Wenn kleine Kinder ohnehin Apps auf dem Smartphone oder Tablet-PC nutzen, dann macht es Sinn, ihnen auch hier gute, altersgerechte und werbefreie Angebote zu machen. Das war die Überzeugung der Verantwortlichen der auch international vielfach preisgekrönten "Sendung mit dem Elefanten" des WDR.
Wie die Vorschulsendung (montags bis freitags, 7:25 Uhr bei KiKA) ist auch die neue ElefantenApp (Veröffentlichung: Mai 2016) ganz gezielt auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten von drei- bis sechsjährigen Kindern zugeschnitten. Nach der Veröffentlichung im Mai 2016 sicherte sich die kostenlose ElefantenApp schnell einen Spitzenplatz bei den entsprechenden Downloads.
Einzelne Spieletipps für kleine Kinder
- Bild: WDR
Der blaue Elefant aus der "Sendung mit der Maus" bekommt jetzt seine eigene App. Diese richtet sich an sehr junge Kinder, darum wird jeder Schritt gut erklärt. Klasse!
0 Kommentare - Bild: NDR
Mit Krümelmonster Keks-Domino spielen, mit Ernie einen Blumenchor dirigieren, mit Grobi Eis verkaufen. Vorschulkinder finden auf diesem Spielplatz ein reichhaltiges Angebot.
0 Kommentare - Bilod: RB / Wolkenlenker
Oh je, seit dem Hit mit der "Schlaf gut"-App sind viele neue Apps einfach zum Einschlafen. Aber das ganz bewusst! Denn am Abend sollen die Kinder zur Ruhe kommen - ausgerechnet Apps sollen da behilflich sein.
0 Kommentare - Bild: Tivola
In dieser Mal-App begleitet der Hund DogBiscuit die Kinder. Mit ihm besuchen sie den Obstgarten, den Strand oder blicken in den Weltraum. All diese Szenarien können sie dann selbst weitergestalten.
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Weitere Informationen: Gute Apps für Kinder – woran zu erkennen?
Es gibt tolle Apps zum Spielen und zum Lernen. Man muss sie bloß finden! Doch das Angebot ist groß und unübersichtlich: Stündlich kommen neue Apps hinzu, die einem die Recherche nicht erleichtern. Für Eltern bieten sich verschiedene Möglichkeiten an, gute Kinder-Apps zu finden! Vor dem Kauf und der Installation sollten Informationen über die entsprechenden Spiele eingeholt werden. Hinzu kommen eigene Überlegungen zu Alter und Entwicklungsstand des Kindes.
Während der Installation ist darauf zu achten, dass die App nur die nötigsten Informationen über den Nutzer einholt. Eine Taschenlampen-App etwa muss nicht den Standort des Kindes wissen. Nach der Installation steht das Testen der App an: Verbergen sich bestimmte Risiken in dem Spiel? In-App-Käufe? Werbung, die für Kinder ungeeignet ist? Übt das Spiel zu viel Druck auf das Kind aus? Können Fremde über Chat-Funktionen Kontakt mit dem Kind aufnehmen?
Und wie sieht es mit der Technik und dem Inhalt aus? Eine Spiele- und Lern-App sollte leicht und möglichst intuitiv zu bedienen sein. Verschiedene Schwierigkeitsstufen steigern die Lust, die App auch mehr als einmal aufzurufen. Und wenn ein Kind auch noch selbst kreativ werden kann - was wollen Eltern mehr?
Weitere Informationen liefert der Internet-ABC-Beitrag Spieletipps: Kriterien.