Digitale Medien im Grundschulunterricht?
Die U9-Studie "Kinder der digitalen Welt" (DIVSI) liefert Daten zum Umgang mit digitalen Medien in der Grundschule
Digitales Lernen findet in Deutschlands Grundschulen kaum statt. Und wenn doch, dann geht die digitale Mediennutzung über den Einsatz von Benutzeroberflächen nicht hinaus. Kompetenzen wie das sichere und souveräne Nutzen des Internets werden oftmals ebenso wenig vermittelt wie technische Zusammenhänge und Funktionen eines Computers oder des Programmierens. Zu diesem Ergebnis kommt die U9-Studie "Kinder der digitalen Welt", die Familienministerin Schwesig gemeinsam mit dem Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) und dem Sinus-Institut am 23. Juni 2015 in Berlin präsentiert hat.
An der bundesweiten quantitativen Befragung haben mehr als 1.800 Eltern von drei- bis achtjährigen Kindern und knapp über 1.000 sechs- bis achtjährige Schülerinnen und Schüler teilgenommen. Zudem wurden mit 25 Familien mehrstündige Gespräche geführt.
In der Studie stehen folgende Fragen im Vordergrund: Wie nutzen oder nehmen Eltern und Kinder digitale Medien wahr? Welche Bedeutung nehmen sie im Familienalltag ein? Wie wachsen Kinder in digitalisierte Welten hinein? Wer nimmt die zentrale Rolle in der Medienerziehung der Kinder ein? Wie engagiert begleiten Eltern ihre Kinder in die digitale Welt? Welche Bedeutung haben digitale Medien in der Schule?
Digitale Medien im Unterricht
"20 Prozent der 6- bis 8-jährigen Kinder verbringen regelmäßig Zeit am Computer, während sie in der Schule sind", heißt es in der Studie. Je älter die Kinder werden, desto mehr nutzen sie digitale Medien im schulischen Kontext. Bei den befragten Achtjährigen sind trifft dies auf 33 Prozent zu.
Interessant ist dabei auch, dass schon viele Kinder vor dem Eintritt in die Grundschule erste Erfahrungen mit Computern und Internet gemacht haben: Elf Prozent der dreijährigen Kindern nutzt bereits das Internet, drei Prozent täglich oder mehrfach in der Woche - wobei der Begriff "nutzen" in diesem Alter sicherlich mit Vorsicht zu gebrauchen ist.
Maßgeblich für einen souveränen Umgang mit digitalen Medien in der frühen Kindheit ist neben der Vorbildfunktion und dem Bildungsgrad ebenso die digitale Lebenswelt der Eltern, in der die Kinder sozialisiert werden. Kinder aus bildungsnahen Familien nutzen die vielfältigen digitalen Möglichkeiten deutlich breiter. Digitale Medien werden nicht nur zur Unterhaltung, sondern auch für Informationssuche und Lernzwecke eingesetzt.
Die Studienresultate hinsichtlich der digitalen Mediennutzung in der Schule lassen sich, wie folgt, zusammenfassen:
- 60 Prozent der befragten Sechs- bis Achtjährigen nutzen den Computer im Unterricht für Suchen und Recherchieren im Internet.
- 15 Prozent der Grundschüler nutzen den PC für Präsentationen.
- Insgesamt sind Schüler, Lehrer und Eltern der Ansicht, digitale Bildung sei eine Schlüsselkompetenz. Gerade auch in Hinblick auf Bildungschancen und soziale Teilhabe. Die Studie "Medienbildung an deutschen Schulen" der Initiative D21 kommt übrigens auf einen ähnlichen Befund: Mehr als die Hälfte der befragten Grundschullehrer sind überzeugt, dass "beim Einsatz digitaler Medien im Unterricht die Vorteile insgesamt überwiegen."
- Obwohl Eltern um der Vorteile der digitalen Bildung wissen, überwiegt der Anteil derer, die in der Digitalisierung eher Gefahren und Risiken für ihre Kinder sehen. Zwei Drittel der Eltern Drei- bis Achtjähriger verbieten ihren Kindern, ins Internet zu gehen, so die U9-Studie. Mit Blick auf die Nutzung von sozialen Netzwerken und Chats, die oft erst für ältere Kinder und Jugendliche gedacht sind, wirken die Sorgen der Eltern berechtigt.
- Je älter die Kinder werden, desto weniger verbieten Eltern das Internet. Bei gerade mal elf Prozent der befragten Schüler sind Ansprechpartner in Sachen Internet die Lehrkräfte. Anfänglich suchen Sechs- bis Achtjährige Hilfestellung bei den Eltern. Mit zunehmendem Alter der Kinder übernehmen Freunde und Gleichaltrige eine wichtige Rolle.
Eltern wie auch Erzieher und Lehrkräfte stellen, so lässt sich aus der Studie folgern, bereits mit ihrer frühkindlichen Medienerziehung die ersten Weichen. Daher ist es für einen sicheren und souveränen Umgang mit digitalen Medien umso wichtiger, dass Eltern und Pädagogen Kinder in die digitale Welt aktiv begleiten und lotsen. Neben der Aneignung von digitalen Fertigkeiten ist auch die ständige Bereitschaft gefordert, die angeeignete Medienkompetenz wie -bildung immer wieder nachzujustieren und auf den aktuellsten Wissensstand zu bringen.
DIVSI U9-Studie: Kinder in der digitalen Welt (zum Nachlesen und zum Download)
Über DIVSI
Das Deutsche Institut für Sicherheit und Vertrauen ist eine Initiative der Deutschen Post AG. Schirmherr der gemeinnützigen Gesellschaft ist Bundespräsident a. D. Roman Herzog. Institutsdirektor ist Matthias Kammer. Das Institut verfügt über einen Beirat. Ihre Mitglieder sind Prof. Dr. Claudia Eckert, Harald Lemke, Dr. Bernhard Rohleder und Thomas Götzfried. Um Wissenschaft und Forschung zu unterstützen, hat DIVSI der Technischen Uni München Anfang 2012 eine Stiftungsprofessur für Cyber Trust gewidmet.